Im Jahr 2010 gab es zum bislang letzten Mal in ganz Deutschland "Weiße Weihnachten". Maßgeblichen Anteil daran hatte in den südlichen Landesteilen "Scarlett", ein ungewöhnliches Schneetief.
Jedes Jahr erreichen uns bereits im Herbst die ersten Anfragen, ob sich denn in diesem Jahr die vielfach ersehnten "weißen Weihnachten" einstellen. Dabei sind die Chancen auf eine flächige Schneedecke von mindestens einem Zentimeter über die Weihnachtsfeiertage in weiten Teilen Deutschlands alles andere als hoch. In vielen Regionen liegen die Wahrscheinlichkeiten unter 20 Prozent, teilweise sogar unter 10 Prozent, das heißt nicht mal alle 10 Jahre stellt sich ein "weißes Weihnachtsfest" ein. Im Bergland und vor allem in Gipfellagen stehen die Chancen hingegen etwas besser.
Wann gab es nun zuletzt verbreitet "weiße Weihnachten"?
Dazu müssen wir 15 Jahre zurückschauen in den Dezember 2010. Dieser verlief in großen Teilen West- und Mitteleuropas hochwinterlich. Mit einer über den gesamten Monat und über die gesamte Fläche Deutschlands gemittelten Temperatur von -3,7 °C avancierte er zum viertkältesten seit Beginn der kontinuierlichen Messungen im Jahr 1881. In der Nordhälfte des Landes, die mit nur kurzen Unterbrechungen die meiste Zeit im Bereich polarer bzw. arktischer Luftmassen verblieb, betrug die negative Abweichung zum Mittel der Jahre 1961 bis 1990 verbreitet 5 bis 6 Kelvin (entspricht betragsmäßig °C). In den Süden drang dagegen immer mal wieder mildere Luft vor, so dass die zeitweilig vorhandene Schneedecke insbesondere in den Niederungen des Südwestens wiederholt dem Tauwetter zum Opfer fiel.
Einen Tag vor Heiligabend stellte sich die Situation wie folgt dar: In weiten Teilen Deutschlands lag eine 10 bis 20, im Norden und in den Mittelgebirgen auch weit über 30 cm mächtige Schneedecke, während die tiefen Lagen Baden-Württembergs und Bayerisch-Schwabens weitgehend schneefrei waren. Doch dann kam "Scarlett".
Satellitenbilder von Mitteleuropa vom 24. (links), 25. (Mitte) und 26. Dezember 2010 (rechts).
Tief "Scarlett" wurde bereits am 19. Dezember 2010 zum ersten Mal auf den Bodenwetterkarten analysiert, zu diesem Zeitpunkt noch als unscheinbar flaches Gebilde etwas südwestlich der Azoren. Es verlagerte sich zunächst nur langsam ostwärts und lenkte auf seiner Vorderseite mit südlicher Strömung milde Luft nach Mitteleuropa. In Verbindung mit der Warmfront des Tiefs kamen zum 23. von Südwesten her großflächig Niederschläge auf, die in den südlichen und mittleren Teilen Deutschlands erst noch als Regen oder gefrierender Regen fielen.
Über die Weihnachtstage verlagerte sich "Scarlett" über Südfrankreich und das westliche Mittelmeer nach Norditalien, zudem bildete sich ein Teiltief über Osteuropa. Die Warmfront, die immer mehr als quasistationäre Luftmassengrenze in Erscheinung trat, lag fortan eingebettet in einer vom eigentlichen Tiefzentrum ausgehenden und sich bogenförmig über Mittel- bis zu dem Teiltief nach Osteuropa erstreckenden Tiefdruckrinne. Auf der Rückseite des gesamten Tiefdrucksystems kam bodennah eine kräftige Nordostströmung in Gang, mit der polare Kaltluft im Laufe des Heiligabends bis zu den Alpen vorstieß.